Sonderforschungsbereich 1315

Projekthintergrund

 
Das Gehirn transformiert neuronale Repräsentationen, um ein neues Gerüst aus früheren Erfahrungen aufzubauen und behält dann diese Repräsentationen über die Zeit bei. Diese Entwicklung von Gehirnzuständen bezeichnen wir als Gedächtniskonsolidierung. Derzeit gibt es keinen Konsens über die beteiligten Prozesse, Hirnareale und Transformationen.
 
Noch entscheidender ist, dass bisher keine Theorie zur Gedächtniskonsolidierung existiert, die als Leitfaden für die weitere Erforschung des Gedächtnisses oder für Behandlungsstrategien für Patienten mit Gedächtnisstörungen dienen könnte. Dies liegt daran, dass die meisten Forscher*innen an einem bestimmten Aspekt, einem Hirnareal oder einer Spezies arbeiten, während die Gedächtniskonsolidierung ein zeitlich und räumlich verteiltes Phänomen ist. In diesem Sonderforschungsbereich (SFB) wollen wir diese grundlegenden Probleme angehen, indem wir Forscher*innen zusammenbringen, die an konvergierenden Prinzipien und Mechanismen arbeiten von denen angenommen wird, dass sie der Gedächtniskonsolidierung in den vielen verschiedenen beteiligten Hirnarealen zugrunde liegen, und die über verschiedene Spezies hinweg arbeiten, von Fliegen über Vögel und Nagetiere bis hin zum Menschen.
 
Der SFB wird einen theoriegeleiteten Ansatz zu mechanistischen Modellen der Gedächtniskonsolidierung verfolgen. Dazu werden wir viele bisher ungelöste Fragen angehen, darunter: i) den Beitrag der medialen Temporallappenstrukturen zur Gedächtniskonsolidierung; ii) den Informationsfluss innerhalb dieser Gedächtnisschleife und die Bedeutung der Schichtspezifität von Projektionen; iii) die Entstehung von Gedächtnis-Engrammen und die verteilte Natur des Gedächtnisses; iv) kausale Mechanismen, von der synaptischen bis zur systemischen Konsolidierung über mehrere Skalen; v) die Rolle von Oszillationen bei der Gedächtniskonsolidierung, einschließlich der Rolle des Schlafs. Neben der Untersuchung dieser grundlegenden Fragen bei Tieren werden wir auch das Gedächtnis beim Menschen untersuchen. Hierbei werden wir das Gedächtnis stören/stimulieren (z.B. Gleichstromstimulation und Läsionen) und den Vorteil der bestehenden Gedächtnisstörungen (z.B. Alterung und akuter Gedächtnisverlust) nutzen, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, was die Gedächtniskonsolidierung in gesunden sowie ungesunden Gehirnen beeinflusst und möglicherweise sogar fördert. Die Ergebnisse werden die Mechanismen und Prozesse aufklären, die der Gedächtniskonsolidierung zugrunde liegen und wie Gedächtnisstörungen und Alterung diese beeinträchtigen.
 
Der Großteil der 24 Labore des SFB ist ein Verbund der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Integriert sind auch Gruppen aus anderen Forschungseinrichtungen in Berlin, Magdeburg, Seewiesen, Frankfurt und Greifswald.
 
Die Vielfalt der Gruppen erlaubt es uns, ein breites Spektrum an methodischen Ansätzen einzusetzen. Von elektrophysiologischen Ableitungen und Bildgebung in vivo, über EEG, bis hin zu fMRI/PET, die durch spezialisierte Serviceprojekte für Optogenetik, Lieferung von zugeschnittenen/angepassten Konstrukten für virale Transfektion und zugeschnittenen/angepassten Verhaltensgeräte sowie Einrichtungen für die Prüfung der Gedächtniskonsolidierung in verhaltensgestörten Tieren ergänzt werden.
 
Letztlich hat der SFB das Ziel, eine allgemeine Theorie der Gedächtniskonsolidierung aufzustellen. Diese Theorie beruht auf eine konsistente mechanistische Erklärung der Konsolidierung von der synaptischen bis zur Systemskala.
 
Abb. Thomas Splettstößer, SciStyle

Beteiligte Organisationen

Humboldt-Universität zu Berlin & Zugehörige Einrichtungen

Charité – Universitätsmedizin Berlin
Cluster NeuroCure – Towards a Better Outcome of Neurological Disorders
Department of Biology
Institute of Medical Psychology
Interdisciplinary Center Computational Neuroscience
Neuroscientific Research Centre

Nicht-Humboldt-Universität zu Berlin-zugehörige Organisationen

Berlin Institute of Health
Freie Universität Berlin
Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main
Max-Planck-Institut für Ornithologie Seewiesen
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Technical University Berlin
Universitätsmedizin Greifswald

Förderung

Participating Institutions